My Story

What counts in life is not the mere fact that we have lived. It is what the difference we have made to the lives of others that will determine the significance of the life we lead. 

Nelson Mandela (from: Speech for 90th. Celebration of Walter Sisulu, 2002)

Nach einem von meinen Eltern induzierten und wohl gut gemeinten Abgang von der Schule nach der zehnten Klasse, einer Lehrausbildung zum Koch und anschließendem Abitur, fand ich relativ schnell Gefallen am Medizinstudium, nachdem ich ursprünglich eigentlich Biochemie hatte studieren wollte.

Während des Studiums haben mich allerdings die Jobs als Hilfskraft – oder wie das damals hieß – Hiwi (Hilfswissenschaftler) um Geld zu verdienen, mehr geprägt als das Studium selbst: In der Medizingeschichte bei Prof. Dr. Dietrich von Engelhardt – einem feinen, medizin- und wissenschaftshistorisch extrem bewanderten Lehrer an der Medizinischen Hochschule in Lübeck lernte ich die Berücksichtigung der historischen Dimensionen und die Bedeutung der subjektive Wahrnehmung von Gesundheit und Krankheit.
Am Tropeninstitut der Universität Heidelberg in Kooperation mit dem Südasien-Institut (Prof. Dr. Jochen Diesfeld, Dr. Wolfgang Bichmann) wurde mein Horizont um die Dimensionen fremder weltanschaulicher Denksysteme, kulturrelativer Wahrnehmung und exotischer Krankheiten und Therapieverfahren erweitert.
Dann Promotionsarbeit am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, Institut für Tumorbiologie unter Prof. Dr. Werner Franke – das Zytoskelett und Tumormarker – eine komplett andere Welt im Kleinen mit ubiquitärer Bedeutung – für die ich allerdings nicht geschaffen war.

Deshalb ein Jahr nach Asien und Australien, erste Kontakte mit der Traditionellen Chinesischen Medizin und entsprechenden philosophischen Vorstellungswelten und Körpertherapie-verfahren in Thailand.


Nach dem Medizinstudium ein Ausflug in die Neuropathologie und Neurowissenschaft an der Universität in Tübingen mit der idealistischen Vorstellung, etwas zur Erforschung von Multiple Sklerose beizutragen um die Ohnmacht besser verarbeiten zu können, die diese schlussendlich tödliche Erkrankung bei meiner Mutter, aber auch bei mir hervorgerufen hatte.
Schließlich wieder Tropenmedizin und Postgraduiertenkurs an der Mahidol-Universität in Bangkok, anschließend Begegnung mit dem Anderssein: in einem Lepraprojekt in Kambodscha.

Fortsetzung des Ethnologie-Studiums an der Universität Tübingen bis zu dem Punkt, als ich seitens der Institutsleiterin mitgeteilt bekam, dass meine Untersuchung zu Ernährungsgewohnheiten im Nordosten Thailands irrelevant und Männer an diesem Institut sowieso nicht promovieren können. Dies war vor dem Hintergrund der über 80 % weiblichen Studierenden prinzipiell nachvollziehbar, aber schon damals politisch nicht korrekt.

Glücklicherweise nahm mich die Religionswissenschaft in Tübingen, welche sich per definitionem transkonfessionell und jenseits jeglicher Bevorzugung von religiösen, agnostischen oder atheistischen Positionen verortet, herzlichst auf. Hier begegnete ich meinem großen Förderer – Professor Dr. Günter Kehrer, welcher mir die soziologische Dimension von Religion und Religiosität eröffnete und personifiziertes Beispiel dafür ist, wie man sich auch als nicht religiös Glaubender wissenschaftlich intensiv und wertschätzend mit Glauben und der Bedeutung des selben für das Individuum und die Gesellschaft auseinandersetzen kann. Eigentlich etwas, was man von Wissenschaft per se erwarten sollte, und doch ist der diesbezügliche Diskurs typischerweise eben genau von dieser Wissenschaftlichkeit häufig weit entfernt.

Der Umstand, dass dann im Jahr 2000 unser Sohn fünf und unsere Tochter sechs Jahre alt waren, ließ mich ein Angebot des Malteser Auslandsdienstes ablehnen, mich in Nairobi für diese Organisation um sogenannte Entwicklungsprojekte im südlichen Afrika zu kümmern.
Stattdessen begann ich mit 39 Jahren nochmals als kleiner Assistent – nun in der Psychiatrie.
Und so wie es in der Kultur- und Sozialanthropologie fast so viele oder noch mehr Wertigkeiten wie ethnische Gruppierungen gibt, so ist auch in der Psychiatrie die Grenze zwischen „gesund“ und „krank“, und „normal“ beziehungsweise „nicht der Norm entsprechend“ (oder „ver-rückt“) nur scheinbar so eindeutig, wie es die internationale Klassifikation von Krankheiten (ICD) uns glauben zu machen versucht.
Diese aus unterschiedlichen Gründen zwar notwendige, aber insbesondere im Bereich der Psychotherapie und Psychiatrie oft nicht mögliche Grenzziehung hat mich auch in meiner philosophischen Doktorarbeit zum Thema „Arzt und Guru“ und der Frage, welche Einflussgrößen führen dazu, dass Menschen unterschiedliche Arten von Heilmethoden anwenden und Heiler-Persönlichkeiten suchen und diesen vertrauen, beschäftigt.
Und Jahre später in der Habilitationsschrift „Religion in der Psychiatrie“ – Religion, Spiritualität, Religiöse Glaube und religiöse Überzeugungen als Risiko und als Ressource.

Seit 1993 werde ich durch regelmäßige Tätigkeiten in akuten und chronischen beziehungsweise Langzeit-Krisengebieten insbesondere in Afrika und Asien regelmäßig mit der Relativität meiner Vorstellung über Sinnhaftigkeit eigenen Handelns, Relativität von Idealen, Leitmotiven und Schwierigkeiten im Umgang mit dem Unbekannten und Fremden konfrontiert.
Spätestens seit die Flüchtlingsströme ab 2016 Europa erreichten, kommt man auch hier nicht mehr umhin, sich mit dem „Fremden“ zu beschäftigen.

Seit 2018 mache ich das noch intensiver als je zuvor – am Ambulatorium für Folter- und Kriegsopfer des Schweizer Roten Kreuzes in Bern. Bei den meisten Patienten ist es notwendig, dass die therapeutischen Sitzungen mit Unterstützung eines interkulturellen Dolmetschenden stattfinden, welche meist ihrerseits ebenfalls in einem anderen kulturellen Kontext sozialisiert worden sind. Und so gilt es nicht nur rein praktisch eine gemeinsame Sprache zu finden, sondern sich auch auf der kognitiven, emotionalen und interpretativen Ebene zu verstehen und zu verständigen.
Genau hier kann ich beobachten, wie im (kognitiven) Westen entwickelte psycho-therapeutische Verfahren bei traumatisierten Migranten an ihre Grenzen stoßen, wenn der Beachtung des individuellen Menschseins und der individuellen Wahrnehmung und Interpretation von Geschehenem zu wenig Bedeutung beigemessen wird.

Nicht zu vergessen in diesem Zusammenhang ist mein Prozess des permanenten Lernens von Patienten und Patientinnen, von Kolleginnen und Kollegen von Mit-Menschen mit und ohne Migrationshintergrund und unterschiedlichen beruflichen und sonstigen Orientierungen, die in ähnlichen oder ganz anderen Welten wie der meinen Erfahrungen sammeln mussten und durften.

Ziel meiner beruflichen klinischen aber auch akademischen Tätigkeit als Prof. für Religionswissenschaft an der Universität Bremen und den hier vorstellten Angeboten soll es sein, ein wenig von diesen (Er-)Kenntnissen weiterzugeben und gleichzeitig weiter vom Gegenüber zu lernen.

Hongkong 1988: dào lù kai shi – Den Weg beginnen

MEINE SEELE HAT ES EILIG

Ich zählte meine Jahre und entdeckte, dass mir weniger Lebenszeit bleibt als die, die ich bereits durchlebte.

Ich fühle mich wie jenes Kind, das eine Packung Süßigkeiten gewann: Die ersten aß es mit Vergnügen, doch als es merkte, dass nur noch wenige übrig waren, begann es sie wirklich zu genießen.

Ich habe keine Zeit mehr für unendliche Konferenzen, wo man Statuten, Normen, Verfahren und interne Vorschriften diskutiert; wissend, dass nichts erreicht wird.

Ich habe keine Zeit mehr, absurde Menschen zu ertragen, die ungeachtet ihres Alters nicht gewachsen sind.

Ich habe keine Zeit mehr, mit Mittelmäßigkeiten zu kämpfen.

Ich will nicht in Versammlungen sein, wo aufgeblähte Egos vorbeimarschieren.

Ich vertrage keine Manipulierer und Opportunisten.

Mich stören die Neider, die versuchen, Fähigere in Verruf zu bringen, um sich ihrer Stellen, Talente und Erfolge zu bemächtigen.

Die Menschen, die keine Inhalte diskutieren, sondern kaum die Überschriften.

Meine Zeit ist zu knapp, um Überschriften zu diskutieren.

Ich brauche das Wesentliche, denn meine Seele hat es eilig.

Ohne viele Süßigkeiten in der Packung…

Ich möchte an der Seite von Menschen leben, die sehr menschlich sind.

Die über ihre Fehler lachen können.

Die sich auf ihre Erfolge nichts einbilden.

Die sich nicht vorzeitig berufen fühlen.

Die nicht vor ihren Verantwortungen flüchten.

Die die menschliche Würde verteidigen.

Und die nur an der Seite der Wahrheit und Rechtschaffenheit gehen möchten.

Das Wesentliche ist das, was das Leben lohnenswert macht.

Ich möchte mich mit Menschen umgeben, die das Herz anderer zu berühren wissen.

Menschen, denen die harten Stöße des Lebens beibrachten zu wachsen – mit sanfte Berührungen der Seele.

Ja …

ich habe es eilig …

um mit der Intensität zu leben, die nur die Reife geben kann.

Ich versuche, keine der Süßigkeiten zu verschwenden, die mir bleiben.

Ich bin sicher, dass sie köstlicher sein werden als die, die ich bereits gegessen habe.

Mein Ziel ist, das Ende zufrieden zu erreichen – in Frieden mit mir, meinen Liebsten und meinem Gewissen.

Wir haben zwei Leben und das zweite beginnt, wenn du merkst, dass du nur eines hast.

von Ricardo Gondim (‪São Paulo‬, Brasilien, protestantischer Theologe, geb. 1954), oft Mário de Andrade, brasilianischer Musikethnologe 1893-1945) zugeschrieben
Diese aussagekräftige und faszinierende Plastik (eher „Metallik“) habe ich in der wunderschönen Berner Altstadt in einem Schaufenster entdeckt)

MI ALMA TIENE PRISA

Conté mis años y descubrí, que tengo menos tiempo para vivir de aquí en adelante, que el que viví hasta ahora…

Me siento como aquel niño que ganó un paquete de dulces: los primeros los comió con agrado, pero, cuando percibió que quedaban pocos, comenzó a saborearlos profundamente.

Ya no tengo tiempo para reuniones interminables, donde se discuten estatutos, normas, procedimientos y reglamentos internos, sabiendo que no se va a lograr nada.

Ya no tengo tiempo para soportar a personas absurdas que, a pesar de su edad cronológica, no han crecido.

Ya no tengo tiempo para lidiar con mediocridades

No quiero estar en reuniones donde desfilan egos inflados.

No tolero a manipuladores y oportunistas.

Me molestan los envidiosos, que tratan de desacreditar a los más capaces, para apropiarse de sus lugares, talentos y logros.

Las personas no discuten contenidos, apenas los títulos.

Mi tiempo es escaso como para discutir títulos.

Quiero la esencia, mi alma tiene prisa…

Sin muchos dulces en el paquete…

Quiero vivir al lado de gente humana, …muy humana.

Que sepa reír de sus errores.

Que no se envanezca con sus triunfos.

Que no se considere electa, antes de la hora.

Que no huya, de sus responsabilidades.

Que defienda, la dignidad humana.

Y que desee tan sólo andar del lado de la verdad y la honradez.

Lo esencial es lo que hace que la vida valga la pena.

Quiero rodearme de gente, que sepa tocar el corazón de las personas…

Gente a quienes los golpes duros de la vida, le enseñaron a crecer con toques suaves en el alma.

Sí…

tengo prisa…

-por vivir con la intensidad que sólo la madurez puede dar.

Pretendo no desperdiciar parte alguna de los dulces que me quedan…

Estoy seguro que serán más exquisitos que los que hasta ahora he comido.

Mi meta es llegar al final satisfecho y en paz con mis seres queridos y con mi conciencia.

Tenemos dos vidas y, la segunda comienza cuando te das cuenta que sólo tienes una…

por Ricardo Gondim (São Paulo, Brasil, teólogo protestante, nacido en 1954). A menudo atribuido a Mário de Andrade, etnólogo musical brasileño 1893-1945)

%d Bloggern gefällt das: